Wenn Ihr die Höhepunkte Litauens googelt, ploppen unter den Top-Einträgen immer die Kurische Nehrung und der Berg der Kreuze auf. Was da so spannend sein soll, konnte ich mir nicht so richtig vorstellen. Allerdings muss ich gestehen, einen wirklich vernünftigen Reiseführer hatten wir auf dieser Reise nicht dabei.
Auf dem Weg von Klaipeda nach Riga lag der Berg der Kreuze auf unserer Strecke, sehr praktisch, dass wir keinen Umweg fahren mussten.
Der Berg der Kreuze (oder Kreuzhügel) liegt bei Šiauliai, einer mittelgroßen Stadt im Norden Litauens, ungefähr so groß wie Wolfsburg. Im Reiseführer steht nichts zu Šiauliai, vom Kreuzhügel mal abgesehen. Wir waren neugierig, wie es in einer durchschnittlichen Stadt weitab von Vilnius und der Ostseeküste aussieht.
Šiauliai – eine ganz normale Stadt
Es ist ziemlich sicher, dass Šiauliai keinen Wettbewerb der spektakulärsten Städte gewinnt. Die Stadt profitiert von ihrer Nähe zum Berg der Kreuze und glänzt eher durch ihre Beschaulichkeit. Gut so, denn wir wollen eine „normale“ Stadt sehen, um ein besseres Bild von Litauen zu bekommen.
Es ist ruhig hier am Sonntagvormittag, nur ein paar Spaziergänger schlendern durch die Fußgängerzone. Wir machen auch nichts anderes, bleiben dann an der leckeren Kuchenauslage des Boulevard-Cafés hängen. Uns fällt auf, wie gepflegt und sauber alles ist bzw. es fällt den Kindern auf. Sie fragen uns, warum es hier keinen Müll auf den Straßen gibt.
Fragt Ihr Euch, warum ich das extra betone? Wahrscheinlich, weil ich vor unserer Reise mit ein paar Vorurteilen konfrontiert wurde. Auch auf der Fähre habe ich Worte wie Ostblock und Ostzone aufgeschnappt, die für meinen Geschmack ziemlich negativ belegt sind. Klar kann ich Euch auch Bilder von hässlichen Plattenbauten zeigen, mache ich vielleicht auch noch. Auf meinem Blog schreibe ich am liebsten über Dinge, die mir nachhaltig in Erinnerung bleiben und das sind hier durchweg positive.
An der Ausfallstraße halten wir vor einem Einkaufscenter. Hier ist heute Markttag. Beim Anblick der frischen Ernte bedaure ich, dass unsere nächste Übernachtung in einem Hotel sein wird und wir uns nicht mit frischem Obst und Gemüse eindecken können. Eine große Schale Blaubeeren muss allerdings mit.
Der Berg der Kreuze
Zehn Kilometer nördlich von Šiauliai liegt der Berg der Kreuze. Er ist gut ausgeschildert „Kryžių kalnas“ (lit.) und nicht zu verfehlen.
Entlang der Landstraße parken schon die ersten Autos. Wir nehmen nicht den direkten Weg, sondern laufen auf Wunsch der Kinder erst zu den Verkaufsständen am Informationszentrum. Hier kann jeder sein Kreuz kaufen und den Berg eigenhändig erweitern. Zu haben ist einfach alles, schlichte Minikreuze für 1,00 Euro – große, kleine, aus Holz oder Metall, mit Gravur oder ohne, teuer, preiswert usw. Die Kinder drängeln und wollen auch ein Kreuz aufstellen.
Je näher wir dem eigenartigen Berg kommen, desto mystischer scheint er mir. Direkt davor fühle ich mich fast etwas eingeschüchtert – ein Meer aus Kreuzen – total skurril. Ich schwanke zwischen Ehrfurcht und Gänsehaut. Wir laufen langsam durch den Wald der Skulpturen, Rosenkränze, Heiligenbilder und Kreuze. Viele sind von Wind und Wetter gezeichnet, einige schon umgekippt von der Last der weiteren Kreuze und Ketten, die an ihnen hängen.
Wir finden einen geeigneten Platz für unsere vier Minikreuze und lassen sie mit den besten Wünschen für unsere Lieben auf dem Berg zurück.
Bei 100.000 Kreuzen wurde aufgehört zu zählen
Im 19. Jahrhundert kamen die ersten Gläubigen und stellten ihre Kreuze hier auf. Zu Zeiten der Sowjetunion wurden die religiösen Symbole mit Bulldozern dem Erdboden gleich gemacht. Es dauerte nicht lange, bis dort wieder neue Kreuze standen, und es kamen immer mehr dazu. Heute sollen es über 100.000 sein. Eines ließ Papst Johannes Paul II aufstellen, als er 1993 einen Gottesdienst abhielt und den Ort noch bekannter machte.
Der Berg der Kreuze ist unheimlich und faszinierend zugleich. Als katholischer Wallfahrtsort zieht er Gläubige aus ganz Europa an und wird wohl Jahr für Jahr weiter wachsen.
Šiauliai und der Berg der Kreuze liegen ungefähr auf halber Strecke zwischen Klaipeda und Riga an der A12. Fahrzeit von Klaipeda ca. zwei Stunden, nach Riga ca. 1,5 Stunden.
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[…] Warum ich überhaupt nach Siauliai will, liegt am „Berg der Kreuze“. Auch davon hat Rasma mir früher Bilder gezeigt, und die haben mich sehr fasziniert. Inzwischen ist die Sehenswürdigkeit wohl ganz schön überlaufen. Aber hin müssen wir natürlich trotzdem! Einen authentischen Erfahrungsbericht hat zum Beispiel Ines auf ViermalFernweh. […]
[…] Berg der Kreuze hätte ich gerne auch besucht, wie […]
Hallo, ich komme selber aus Litauen, aber ich lebe in Deutschland. War schön über Kryžių Kalnas und Šiauliai zu lesen. Ich kenne es gut. Ganz viele liebe Grüsse! Egle
Vielen Dank Egle :-). Wir kehren auf jeden Fall nach Litauen zurück. Liebe Grüße, Ines
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Toll. Mir hat schon mal ein Freund davon erzählt. Er war im Winter dort; muss auch ein sehr nachdrückliches Erlebnis gewesen sein; nachts im Schnee. Über den Berg der Kreuze war übrigens grad was am Sonntag im Weltspiegel. Also, eigentlich war´s sogar ein Baltikum-Special. Ist sicher noch in der Mediathek, falls es Dich interessiert. Liebe Grüße, Stefanie
Vielen Dank Stefanie, das schaue ich mir gleich an. Schreibe gerade am nächsten Baltikum-Post. 😉 Liebe Grüße, Ines
[…] Der Berg der Kreuze – Litauens geheimnisvoller Ort […]
Ich habe bis vor Kurzen noch nie von dem Berg gehört bis ich auch bei einer anderen Bloggerin davon gelesen habe. Sehr faszinierend aber warum wurde die genau dort aufgestellt? Ist das bekannt?
Es gibt verschiedene Legenden, warum es ausgerechnet dort war, aber ob da etwas dran ist? Spannend ist ja, dass danach so viele folgten. Liebe Grüße, Ines