Warum hat Estland zwei Hauptstädte? Pärnu im Sommer und Tallinn für den Rest des Jahres? Das überlegen wir auf dem Weg von Riga nach Pärnu, unsere erste Station in Estland. Die Vorfreude auf Strand, Meer, Natur und ein Ferienhaus mit Sauna ist groß. Da wissen wir noch nicht, dass wir im Ferienresort früherer Staatsgrößen übernachten werden.
Estlands Sommerhauptstadt Pärnu
Es stimmt tatsächlich, Estland hat zwei Hauptstädte ;-). Der Bürgermeister Tallinns übergibt jedes Jahr zum Sommeranfang symbolisch einen Schlüssel der Hauptstadt Tallinn an den Bürgermeister Pärnus, Ende August geht er dann wieder retour.
Die Sommerhauptstadt empfängt uns mit Sonnenschein, die Straßencafés sind gut besucht und ein paar Touristen bummeln durch die Einkaufsstraße. Pärnu ist seit 1838 Kurort und beliebtester Badeort Estlands. Ich war mir nicht sicher, ob wir hier richtig sein werden. Das klang nach vollen Stränden und Touri-Massen. Entweder waren alle schon weg oder in einem Land mit 1,4 Millionen Einwohnern hat „beliebt“ einfach eine andere Bedeutung. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich die Saison Mitte August dem Ende neigt.
Die hübschen Holzhäuser im Zentrum erinnern mich sehr an Skandinavien. Viele sind mit Schnitzerein verziert. Die Geruhsamkeit, die Pärnu ausstrahlt, hat eher etwas Ländliches als Hauptstadtflair. Von der Innenstadt laufen wir zum Park, wo der Kurort-Charakter Pärnus deutlicher zu sehen ist. Die Kinder wollen ans Meer und über eine breite Straße geht es zum berühmtesten Strand Estlands. Wow, er ist der Hammer. Kilometerlang zieht sich der breite Strand um die Bucht von Pärnu. So weit, dass sogar das Wetter an beiden Enden unterschiedlich ist.
Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg zu unserem Ferienhaus, das versteckt in einem Kiefernwald liegt. Glücklicherweise ist die Ausschilderung gut, sonst wären wir ohne Navi ziemlich aufgeschmissen gewesen.
Die Villa Andropow
An der Rezeption des Hotels bekommen wir unseren Hausschlüssel und ein Infoblättchen über das kleine Areal. Im Ferienhaus inspizieren wir zuerst die Sauna und der Sohnemann checkt das WLAN. Mit 11 Jahren ist das existenziell 😉 und im Land des Skype-Erfinders mit fast flächendeckendem WLAN schon eine Selbstverständlichkeit.
Den Rest des Tages verbringen wir am Strand mit unserem neue Lieblingsspiel Kubb und in der Sauna. Als wir am Abend den kleinen Flyer lesen, wird uns erst klar, dass dieses Ferienareal einst für den sowjetischen Staatschef Juri Andropow und seine Gäste gebaut wurde. Zu Zeiten der Sowjetregierung war es strikt verboten, das Gelände zu betreten. Tag und Nacht patrollierten Militärstreifen. Seit der Unabhängigkeit Estlands 1991 wurde es nicht mehr von Politgrößen genutzt, die Einheimischen hatten trotzdem noch lange Vorbehalte gegen diesen Ort.
Im Hotel erinnern noch einige Utensilien an die ehemaligen Staatsgäste. Aus heutiger Sicht ist der Bau wenig exklusiv, für mich ist er nur ein fettes Betonteil. Die Lage ist dafür traumhaft. Auf der Lichtung im Kiefernwald wurden in den letzten Jahren Ferienwohnungen, Übernachtungshütten und ein Spielplatz gebaut. Zum Strand sind es maximal 50 Meter.
Unser erster Tag in Estland geht zu Ende. Müde von der frischen Meeresluft und den drei Saunagängen fallen wir ins Bett. Wir wollen morgen schließlich fit sein, wenn wir durch das Moor von Soomaa wandern.
Tipps für die Umgebung von Pärnu
Pärnu ist auch ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen, Kanutouren und eine Tagestour auf die Insel Kihnu. Sie ist über die Grenzen Estlands für ihre Traditionen bekannt und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Meine Favoriten für die Umgebung Pärnus sind folgende:
Der Nationalpark Soomaa
Nur einen Tagesausflug entfernt, ist der berühmten Nationalpark Soomaa. Unsere Wanderung durch die Moorlandschaft von Soomaa war ein Highlight unserer Baltikum-Reise. Dazu gibt es hier einen ausführlichen Artikel.
Familientipp: Themenpark Lottemaa
Auch wenn wir selbst nicht dort waren, ist mir das Lotteland von einer waschechten Estin für Familien mit kleineren Kindern ans Herz gelegt worden. Der Themenpark Lottemaa ist ca. sechs Kilometer von Pärnu entfernt. Lotte (ein Hundemädchen) ist in den baltischen Ländern sehr populär. Ähnlich wie in anderen Parks gibt es Attraktionen für Kinder, Theaterstücke, Spielplätze etc.
Korstna – der Hof des Weihnachtsmannes
Hier wohnt der estnische Weihnachtsmann mit seiner Frau und vielen Tieren. Auf der Farm ist alles erlaubt. Hinter jede Tür haben wir geschaut, sogar in das Schlafzimmer des Weihnachtsmannes, das mit Wunschzetteln tapeziert ist.
Auf dem Hof konnten sich die Kinder ordentlich austoben, im Heu rumspringen, durch die Schuppen stöbern, auf den Turm klettern …
Der estnische Weihnachtsmann muss ein bescheidener Mensch sein. Wir haben alles (kostenfrei) genutzt. Es gibt ein kleines Café, sonst keinen Kommerz oder weihnachtliche Vermarktung. Korstna finde ich sehr entspannt und eine Empfehlung wert.
Straße der Störche
Die Storchendichte im Baltikum ist gigantisch. Noch nie habe ich so viele Störche gesehen. Aber diese Störche sind die Krönung, die uns auf dem Weg von Pärnu nach Virtsu fast vor das Auto laufen. Gemütlich marschieren sie über die Straße und lassen sich von den zwei Autos überhaupt nicht beeindrucken.
Noch mehr Baltikum zum Weiterlesen:
- Zwischenstopp in Pärnu von family4travel, zu Lenas Bericht hier entlang
- Die Perle des Baltikums | ein perfekter Tag in Riga
- Litauens Berg der Kreuze – beeindruckend und mystisch
- Litauen: Die Kurische Nehrung | Sahara des Baltikums
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Man merkt Euch Eure Begeisterung für die Landschaft an,herrlich so leere Strände und so verschiedene Landschaftsformen zu erleben.
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[…] unserem Ferienhaus in Pärnu ist es nicht weit. Nach 40 Minuten sind wir in Kõrtsi-Tõramaa am Natur- und […]
Danke fürs Verlinken! 🙂 Pärnu ist wirklich nett. Den „echten“ Strand rund um die Stadt haben wir damals gar nicht gesehen. Überhaupt müssten wir dringend noch mal nach Estland…