Punkt 9 holt Mohammed uns ab. Er wird uns heute nach Essaouira am Atlantik fahren, das etwa drei Stunden von Marrakesch entfernt ist.
Schnell verschwindet die Silhouette Marrakeschs und wir fahren durch karges Land. Hier und da ein paar trostlose Siedlungen, dann lange nichts, nur Sand. Die Zeit vergeht trotzdem schnell, denn Mohammed ist redselig. Er ist stolz auf sein Land und erzählt uns von neuen Schulen, Sozialwohnungen und der Klimakonferenz, die nächste Woche in Marrakesch stattfindet. Der Viermal Fernweh-Vater ist Beifahrer und Übersetzer, da er als einziger halbwegs Französisch kann.
Mohammed schlägt uns vor, wo wir auf der Strecke anhalten könnten. Zur Auswahl stehen mehrere Fabriken und Cafés. Wir wählen die Teppichfabrik ab, wollen aber unbedingt zur Arganöl-Frauenkooperative.
Ziegen im Arganbaum
Nach gut zwei Stunden halten wir im Nichts. Außer der staubigen Piste, ein paar Bäumen und einer kleinen Ziegenherde gibt es nicht viel zu sehen. Mohammed erklärt uns, dass dies die bekannten Arganbäume sind, die nur im Südwesten Marokkos wachsen und Olivenbäumen ähneln.
Aber was machen eigentlich die Ziegen in den Bäumen? Ist das so eine Touristennummer? Anhalten, Foto machen, zahlen? Nein, ist es nicht. Die Ziegen fressen die Blätter und Früchte des Arganbaumes. Sie leben in einer Gegend, in der sattgrüne Vegetation Mangelware ist. Und angeblich werden die Kerne, die sie unverdaut wieder ausscheiden, für die Argan-Produkte verwendet.
Natürlich wollen wir die Herstellung des wertvollen Argan-Öls sehen und stoppen kurze Zeit später an einer Frauenkooperative. Wir sind kaum ausgestiegen, da nimmt uns eine junge Frau unter ihre Fittiche, führt uns durch die Räume, erklärt und zeigt alles, was mit der Ölgewinnung zu tun hat.
Die Herstellung der Arganprodukte ist aufwendig. Spätestens jetzt wird klar, warum das Arganöl so teuer ist. Es steckt viel Arbeit und Zeit in den Produkten. Die Früchte (Nüsse) werden mühevoll geerntet, geschält, gemahlen und verarbeitet. Das Arganöl wird aus den gerösteten Fruchtkernen gepresst. Die Schalen dienen als Brennmaterial. Für die Herstellung eines Liters Arganöl benötigt man ca. 30 kg Früchte, so sagt es Wikepedia.
Wir probieren verschiedene Sorten Arganhonig, schnuppern an Cremes und Seifen und kosten das wertvolle Öl. Es schmeckt lecker, leicht nussig. Traditionell nimmt man Argan-Öl für Salate und als Brotdip.
Ich zücke die Kreditkarte, denn in meinem Einkaufskörbchen liegt eine Flasche Argan-Öl und eine Creme. Außerdem möchte ich die Frauen unterstützen. Ich hoffe sehr, dass die Einnahmen wirklich bei ihnen ankommen.
Essaouira – Stadt des Windes
Als wir in Essaouira die Autotür öffnen, weht uns eine steife Briese um die Nase. Es stimmt also, hier geht immer ein Wind, deshalb wird Essaouira die Stadt des Windes genannt.
Der Himmel ist grau, es nieselt und ist kühl. Nicht die besten Voraussetzungen für einen Tag am Meer. Na, was soll´s, ich höre das vertraute Möwengeschrei und rieche die salzige Luft, das macht mich ja schon glücklich.
Den Strand können wir uns bei dem Wetter klemmen, so führt unser erster Weg zum Hafen. In der Werft werden immer noch Holzboote gebaut und die Fischer verkaufen ihren Fang direkt am Kai. Heute ist nicht viel los, viele Boote sind im Hafen geblieben, da es nachts stark geregnet hat.
Wir schauen uns das bunte Treiben an und beobachten das Feilschen um den Fang des Tages. Es dauert nicht lange, bis sich ein selbsternannter Guide an unsere Fersen heftet. Er will den Kindern die Fische erklären, na meinetwegen.
Die Hafenkatzen sind nie weit vom Fang des Tages entfernt.
Die Festungsanlagen Skala de la Ville liegen auf der anderen Seite des Hafens. Sie wirken mächtig und klein zugleich. Auf der Mauer kann man spazieren gehen und hat einen tollen Ausblick auf den Hafen von oben. Der Turm erinnert mich stark an den Torre de Belem in Lissabon.
Die Medina von Essaouira
Die Altstadt wird von einer großen Mauer umschlossen. Sie ist, wie in Marrakesch, ein Labyrinth aus verzweigten Gassen, Plätzen, tunnelartigen Gängen, Torbögen und Sackgassen. Den bröckelnden Fassaden sieht man an, wie sehr die salzhaltige Luft ihnen zusetzt. Die farbenfrohen Holztüren und Fensterläden sind kleine Fabkleckse in dem weißen Häusermeer.
Wir folgen der Hauptstraße mit zig Ständen und Geschäften. Die Souks der Medina sind genauso exotisch mit ihren Farben und Gerüchen wie die in Marrakesch. Hier ist es nur kleiner, überschaubarer und die Atmosphäre deutlich entspannter. Ich kann mich in Ruhe umsehen und darf sogar Fotos machen. Hier und da sehen wir kleine Pensionen und Cafès von Aussteigern. Ein wenig Ibiza-Flair weht durch die Gassen.
In einer Seitenstraße landen wir eher zufällig im Riad al-Madina. Der kleine Innenhof sieht so einladend aus, dass wir spontan zum Mittagessen bleiben. Jimi Hendrix scheint sich hier auch wohl gefühlt zu haben, wir erfahren, dass er hier früher Stammgast war. Auf die Teller kommen gegrillte Dorade und Taijine, yummy.
Den Nachmittag verbringen wir in der Medina, den Souks und mit frischem Minztee. Bevor wir uns mit Mohammed treffen, gehen wir noch einmal ans Wasser. Der Atlantik tobt, der Wind pfeift. Herrlich wild, unberechenbar und einfach schön – so ein Tag am Meer.
Wenn Ihr mehr über Essaouira wissen möchtet, kommen hier noch ein paar Leseempfehlungen von meinen lieben Bloggerkollegen:
- Jenny und Andi von travelisto.net
- Nadine von planet hibbel
- Alexandra von levartworld
- Sabrina von felibrina.com
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[…] Essaouira [ Ein Tag am Meer, Ziegen auf dem Baum und leckeres Arganöl ] […]
Danke für diesen spannenden Reisebericht, der endlich mal mehr als nur die üblichen Reiseziele für Urlaube mit dem Nachwuchs bereithält. Besonders interessant fand ich jedoch den Bericht über die Arganöl-Frauenkooperative. Arganöl hat mir geholfen einen allergiebedingten Ausschlag während der Pollensaison endlich in den Griff zu bekommen. Essaouira steht in ein paar Jahren, wenn die Kids etwas größer sind mit Sicherheit ganz oben auf der Liste für einen abwechslungsreichen Urlaub.
Vielen Dank Sina, Marokko hat uns alle 4 sehr begeistert. Arganöl bekommt man in Marokko an jeder Ecke, das „gute“ gibt es aber nur in bestimmten Läden oder direkt in den Kooperativen. Man kann es auch im Internet bestellen, da würde ich nur genauer hinschauen, woher es genau kommt. Liebe Grüße, Ines
Gib’s zu, die Flasche Arganöl habt ihr zurück in der Heimat schon weggeschlemmt? So sehr ich griechisches Olivenöl liebe, muss ich trotzdem zugeben, dass der Geschmack von Arganöl auf einem grünen Salat oder als Dip so schnell nicht zu toppen ist!!! Da haben sich die marokkanischen Götter wirklich was Himmlisches einfallen lassen und dazu noch die Ziegen in den seltenen Bäumen, dafür hat sich euer Ausflug doch schon gelohnt! Baden könnt ihr in Griechenland wieder, hihi.
Ich hatte selbst mal das Glück, mit einem früheren Arbeitgeber eine marokkanische Frauenkooperative zu unterstützen und konnte eine Weile vor Ort die Produktion kennenlernen. Unvergessene Erinnerungen… Danke für deinen Artikel und die Bilder! LG, deine A.
Wenn Du Dich beeilst, bekommst Du noch etwas ab 😉 Ein kleiner Rest ist noch in der Flasche, wird für Dich aufgehoben. Ich versuche es zumindest.
Filakia poli, Ines
Die Farbenpracht in den Souks und Geschäftchen ist überwältigend und spricht alle Sinne an.Sieht alles anregend aus.
Vielen Dank. Ja, Marokko ist wirklich beeindruckend und sinnlich. Ich denke, dass wir nicht das letzte Mal dort waren. LG, Ines