In Tbilisi empfängt uns der Frühling. Endlich. Ausgehungert nach Sonne und Wärme punktet die Stadt schon mit bestem Wetter. Ich bin so unendlich gespannt, was uns erwartet. Wir sind am späten Abend gekommen und haben außer dunklen Straßen noch nichts gesehen. Der Entdeckerdrang ist groß. Tbilisi, wir kommen.
Wir wohnen in der Neustadt und schlendern am ersten Tag durch eine der Haupteinkaufsstraßen zum Platz der Freiheit. Sympathisch, das ist das Erste, was ich denke, als wir uns planlos kreuz und quer durch die Stadt treiben lassen. Und das, obwohl wir einen Plan plus dicken Reiseführer dabei haben. So lerne ich eine Stadt am liebsten kennen. Erstmal treiben lassen, von einem Platz zum nächsten, durch Gassen, über Brücken …. Früher oder später landen wir an vielen Highlights im Herzen der Stadt. Tbilisi ist nicht gerade klein, hier leben über eine Millionen Menschen, doch das Zentrum lässt sich wunderbar zu Fuß erkunden.
Tbilisi gefällt mir auf Anhieb, und das liegt an vielen Dingen. Schon die Lage der Stadt ist cool. Georgiens Hauptstadt liegt am Fluss Mtkvari im südlichen Kaukasus und ist auf mehreren Seiten von Bergen umgeben. Das Stadtbild ist unglaublich abwechslungsreich: Moderne Prachtbauten, alte Holzhäuser, hypermoderne Gebäude, kleine Parks und das auf relativ kleinem Raum.
Überall in der Stadt gibt es kleine Läden, die eine typisch georgische Spezialität verkaufen – Tschurtschchela. Sie sehen wie Kerzen aus, sind aber Wallnüsse oder Haselnüsse, die mit einer Traubensaftkuvertüre überzogen sind. Mein Geschmack ist das nicht, aber der Sohn ist ein Fan dieser merkwürdigen Obstkerze.
Wir haben für Tbilisi drei Tage Zeit und ich will Euch nicht zu jeder Kirche mitschleppen. Deshalb beschränke ich mich auf unsere persönlichen Stadt-Lieblinge.
Die Altstadt
Los geht es mit der Altstadt, die aus einem Gewirr von Gassen, herrlichen Jugendstilvillen und gefühlt hunderten von Kirchen besteht. Mir haben es vor allem die alten Häuser mit ihren hölzernen Balkonen und kunstvollen Verzierungen angetan. Schick renoviert steht hier neben halb verfallen. Ich hoffe, die vielen Schmuckstücke sind noch zu retten, auch wenn der morbide Charme reizvoll ist.
Das Marionettentheater ist ein witziges Teil, das Wort Haus trifft es kaum. Das Gebäude sieht aus, als wären einzelne Bauteile übereinander gestapelt worden. Im Café nebenan gibt es übrigens mega leckere Limonade und eine neugierige Katze, die scharf auf Kuchen ist.
An der kleinen Tamada-Statue zweigen die Barstraßen ab. Abends geht hier richtig die Post ab. Wir sind dort zwar durchgelaufen, aber zum Essen lieber anderswo eingekehrt.
Friedensbrücke und Rike Park
Über die Friedensbrücke laufen wir auf die andere Seite des Mtkvari zum Rike Park. Wir bleiben eine Weile, hier toben die Kinder über den Spielplatz. Ich lasse meinen Blick schweifen, denn hier zeigt sich Tbilisi hochmodern. Die Konzert- und Ausstellungshalle mit ihren zwei Röhren ist schon sehr futuristisch und will so gar nicht in mein bisheriges Bild der Stadt passen.
Es lohnt sich, auch abends zur Friedensbrücke zu kommen, da sie mit 30 000 LED-Leuchten in verschiedenen Farben funkelt.
Die Röhren der Konzert- und Ausstellungshalle, im Hintergrund der Präsidentenpalast.
Mit der Seilbahn über Tbilisi
Vom Rike-Park nehmen wir die Seilbahn zur anderen Flussseite. Die Aussicht ist toll und in knapp zwei Minuten schweben wir über die Stadt hoch zur Festung Narikala.
Ein Fahrt kostet ungefähr 2,50 GEL pro Person und kann mit der aufladbaren Metrokarte bezahlt werden. Wartezeit müsst Ihr wohl immer einplanen, bei uns hat es gut 30 Minuten gedauert.
Oben angekommen, kann man sich zwischen Festung, Botanischem Garten und Bäderviertel entscheiden. Nachdem wir Mutter Georgia einen Besuch abgestattet haben, sind wir den steilen Weg runter ins Bäderviertel gelaufen.
Entspannen im Schwefelbad | das Bäderviertel
In Tbilisi gibt es mehrere Schwefelquellen, die sich im Abanotubani (Bäderviertel) konzentrieren. Mein erster Gedanke war, nein danke, denn ich kann mich gut an den muffigen Eiergeruch der Budapester Schwefelbäder erinnern.
Die Jungs waren sofort Feuer und Flamme, also haben wir einen Termin gebucht. Das ist sinnvoll, wenn Ihr eine eigene Kabine mieten möchtet. Die Bäder sind trotz ihrer langen Öffnungszeiten ziemlich gut besucht und die öffentlichen Bereiche für Frauen und Männer getrennt.
Das schönste von allen ist das blaue Bad. Die Fassade ist mit farbenfrohen Mosaiken verziert und sieht aus wie eine Moschee. Hier haben wir uns eine private „Kabine“ gemietet, die sich als kleine Oase mit Vorraum, Sauna, Schwefelbecken und eigenem Bad entpuppt. Das 40 Grad warme Wasser ist herrlich entspannend für Körper und Geist. Viel zu schnell ist die Stunde um. Mit knallroten Köpfen und immer noch schwitzend verlassen wir das Bad. Wir fühlen uns wie neu geboren.
Eine Stunde Entspannen zu viert kostet 120,00 GEL (40,00 EUR), eine große Kanne Tee 12,00 GEL (4,00 EUR). Handtücher und Seife sind inklusive, Badeschlappen hatten wir dabei, diese können aber auch ausgeliehen werden. Wer mag, kann sich noch durchkneten lassen und einen Masseur bestellen.
Flohmarkt und Blumenmarkt
Wann habe ich schon einmal so eine Blumenpracht gesehen? Lag es daran, dass wir kurz vor Ostern hier waren oder sind die Blumen hier einfach immer so schön? Wir sind zweimal über den Blumenmarkt spaziert, weil wir uns an dieser Fülle gar nicht satt sehen konnten.
Auch über Flohmärkte schlendere ich immer wieder gern. Wobei dieser hier ein Ausflug in meine Kindheit ist. Alte Wimpel, Orden, Bilder kommunistischer Führer, Gasmasken, Silberbesteck, Kristallvasen, Samoware liegen dicht an dicht. Den Viermal Fernweh-Vater habe ich zig mal angestupst und gefragt: „Weißt du noch?“. Ich frage mich, wer all das Zeug kauft, aber sehenswert ist der Markt allemal. Es gibt auch immer wieder Künstler, die Handwerk, Bilder und Teppiche verkaufen.
Zum Flohmarkt kommt Ihr über die Mshrali-Brücke (Dry Bridge), er ist täglich bis zum späten Nachmittag geöffnet.
Furnicular – Der Park Mktsminda – Familientipp
Die Viermal Fernweh-Kinder waren von Tbilisi ebenso begeistert wie die Eltern und fanden alles spannend, was wir uns angesehen haben. Für kleinere Kinder ist der Mktsminda-Park eine gute Möglichkeit, mal eine Sightseeing-Pause einzulegen. Auf dem höchsten Berg der Stadt machen Eisbuden, Fahrgeschäfte mit Scooter, Achterbahn und Riesenrad (wird gerade renoviert) die Kinder glücklich.
Und auch sonst lohnt es sich, auf den Gipfel des Mktsminda zu fahren. Allein die Fahrt mit der Furnicular-Standseilbahn ist cool, genau wie der Ausblick über die Stadt und bei klarer Sicht sogar bis zu den Bergketten des großen Kaukasus.
Schlemmen in Tbilisi
Die georgische Küche ist köstlich und vielfältig, für meinen Geschmack nur etwas zu fleischlastig. Die bekanntesten georgischen Gerichte sind Khinkali (gefüllte Teigtaschen), Khachapuri (überbackenes Käsebrot) und Mzwadi (Schaschlik). In vielen Speisen sind Aubergine, Granatapfelkerne und Massen von Kräutern. Mein kulinarischer Liebling ist ein ganz einfacher Gurken-Tomatensalat mit einer Kräutermarinade, den ich immer wieder bestellt habe. Kleine Randnotiz – der georgische Wein ist ziemlich lecker, schade, dass er bei uns so unbekannt ist.
Tbilisi oder Tiflis?
Wie heißt die Stadt denn nun richtig, Tbilisi oder Tiflis? Ursprünglich hieß Georgiens Hauptstadt Tbilisi. Als das kleine Land zur Sowjetrepublik wurde, kamen die Russen mit der Aussprache nicht klar. So wurde aus Tbilisi kurzerhand Tiflis, aus dem Fluss Mtkvari die Kura und selbst Georgien wurde zu Grusinien umbenannt. Beide Städtenamen sind gebräuchlich, wenn Ihr ganz korrekt sein wollt, benutzt Ihr Tbilisi.
Tbilisi und ich, das passt. Die Stadt hat von allem etwas und liegt immer noch zwischen den Welten der ehemaligen Sowjetrepublik und einer modernen Metropole im Kaukasus. Diese Mischung aus Geschichte und Zukunft ist spannend und ich hoffe, die Stadt verändert sich nicht allzu sehr. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Tbilisi bald zu den hippen Städten gehört, in der man gewesen sein muss.
Ich bin gespannt, ob Ihr Lust auf Tbilisi bekommen habt. Einen Georgien-Nachschlag gibt es bald, ich muss Euch ja noch so viel erzählen, von Bergen, Höhlen, Klöstern, Wein und Stalin. Habt ein schönes Wochenende. 🙂
Tolle Tbilisi-Tipps
Hinkommen
Gute Nachrichten für alle, die demnächst nach Tbilisi wollen. Mit Georgian Airways gibt es seit 28. März 2018 neue Direktverbindungen (dreimal pro Woche) von Berlin-SXF. Die Flugzeit beträgt ca. vier Stunden. Von Köln fliegt Georgian zweimal pro Woche.
Vom Flughafen kommt man am einfachsten mit dem Taxi in die Stadt (ca. 20,00 bis 30,00 Lari) oder mit dem Bus. In Tbilisi ist fast immer dichter Verkehr und Stau. Die Fahrt in die Innenstadt dauert ungefähr 45 Minuten.
Rumkommen
Wir sind sehr, wirklich sehr viel zu Fuß gelaufen. Tbilisi ist keine kleine Stadt, aber das Zentrum oder die Ecken, die wir als Besucher sehen wollen, sind gut zu erlaufen. Am dritten Tag hat der Viermal Fernweh-Vater gestreikt und ein U-Bahn-Ticket gekauft. Wir hatten die Station ja direkt vor der Nase.
Es gibt nur zwei U-Bahnlinien und gefühlt hunderte Buslinien. Für beide braucht Ihr eine Magnetkarte, die es an den U-Bahnstationen gibt. Die Karten werden an Automaten aufgeladen, die überall in der Stadt rumstehen. Eine Fahrt kosten 0,50 GEL.
Und dann sind da noch die Marshrutkas – Sammeltaxen, die erst losfahren, wenn sie voll besetzt sind.
Unterkommen
Wir haben in der Neustadt im Hotel Suliko gewohnt, das ich wärmstens empfehlen kann. Es liegt in einer ruhigen Seitenstraße der Einkaufsstraße Rustaveli Avenue.
Es gibt nur neun Zimmer, die Atmosphäre ist sehr persönlich und an der Rezeption wird Deutsch gesprochen. Nur ein paar Minuten entfernt liegt der U-Bahnhof Rustaveli. In die Altstadt sind wir ungefähr 25 Minuten gelaufen.
Kontakt, Information, Buchung: www.suliko.eu
Auskommen
In Tbilisi gibt es an jeder Ecke Wechselstuben oder Geldautomaten, die bis spät abends geöffnet sind. Kreditkarten werden in Restaurants nicht immer akzeptiert, deshalb solltet Ihr jederzeit Bargeld dabei haben.
Georgien ist ein relativ preiswertes Reiseland. Für ein Abendessen zu viert haben wir zwischen 60,00 und 120,00 GEL bezahlt. Das sind umgerechnet ca. 20,00 bis 40,00 EUR. Am teuersten sind die Restaurants in und um das Bäderviertel und in den Barstraßen der Altstadt.
Nicht ganz unschuldig an meiner Entscheidung ist Janine, die sich zwei Wochen Zeit für Tbilis genommen hat. Ihren Reisebericht findet Ihr hier: findinghummingbirds: Tiflis | Schönste Ecken und Kanten
Unsere Georgien-Reise zum Weiterlesen
Wandern im Kaukasus
Die Mondlandschaft von Davit Gareja und ein hippes Café am Ende der Welt
Hallo Ines,
da ich dieses Jahr eine Georgien-Reise plane, wollte ich mal fragen, ob ihr mit einem Reiseveranstalter oder privat organisiert eure Reise nach Georgien gemacht habt? Ich bin nämlich noch am zweifeln, welche Art ich für meine Reise wählen sollte. Momentan denke ich, dass man auf einer organisierten Reise (deutscher Veranstalter) einfach mehr vom Land zu sehen bekommt, was wäre deine Empfehlung?
LG Susi
Hallo Susi,
ob allein oder mit einer Agentur, das ist Geschmackssache. Wir waren individuell in Georgien, haben aber auch mit Georgia Insight vor Ort Touren gemacht. Schau mal hier, ob das etwas für dich ist: https://www.georgia-insight.eu
Ich wünsche Dir eine tolle Reise, Georgien ist so schön. 🙂
Viele Grüße, Ines
Liebe Ines, du hast meiner Neugier auf Tbilisi gerade noch eins drauf gesetzt! Wir waren ja im Herbst in Georgien, allerdings nur im westlichen Teil und können Dir Kutaisi sehr ans Herz legen. Nach Tbilisi haben wir es dieses Mal leider nicht geschafft. Nächstes Mal! Denn Georgien hat auch uns total begeistertm
Über den Flohmarkt muss ich dann auch unbedingt stöbern.
Viele Grüße, Julia
[…] Tbilisi oder Tiflis? Eine Liaison mit Georgiens kleiner Metropole […]
Meeensch, Ines – da hat man endlich die Urlaubspläne fürs Jahr festgeklopft, und dann kommt dieser Beitrag über Georgien. Verdammt, da müssen wir unbedingt auch mal hin… Nur wann??
Verzweifelte Grüße
Jenny
Das kenne ich nur zu gut. Aber nach der Reise ist vor der Reise. Vielleicht dann im nächsten Jahr. 😉
Liebe Grüße, Ines
Wir hatten Georgien bisher eigentlich nie auf unserem Radar. Aber in letzter Zeit lese ich immer mehr darüber und was soll ich sagen, ich habe meine Meinung geändert. Tbilisi hat wirklich Charme. Vielen Dank für die schönen Eindrücke und die vielen tollen Tipps.
Viele Grüße
Charnette
Du hast vollkommen Recht, Georgien wird als Reiseziel immer populärer und Tbilisi ist inzwischen richtig hipp. Ich hoffe, dass dieses kleine wunderbare Land nicht überrannt wird.
Liebe Grüße, Ines
[…] Tbilisi oder Tiflis? Eine Liaison mit Georgiens kleiner Metropole […]
[…] für Georgiens Hauptstadt Tbilisi (Tiflis) gibt es hier im […]
Ich hatte die Stadt nicht so hügelig erwartet. Oder täuscht das? Wie war die Temperatur zu Ostern?
Die Stadt ist von Bergen umgeben (oder Hügeln). Für mich als Flachlandbewohnerin ist das schon hoch.
Wettertechnisch war es durchwachsen, aber überwiegend richtig frühlingshaft. Während unsere Nachbarn Ostereier im Schnee gesucht haben, konnten wir einen grusinischen Tee im Straßencafé trinken. 😉
Liebe Grüße, Ines
Liebe Ines,
sehr schöne Bilder, und alles ist so bekannt! Ich komme aus Tiflis und liebe meine Heimatstadt!
Danke für den tollen Beitrag.
Liebe Grüße,
Lana
Vielen Dank. Ich habe ja nur die Bilder gemacht, die so schön sind, weil die Stadt Modell gestanden hat.
Bist Du denn noch gelegentlich zu Hause?
Liebe Grüße, Ines
Liebe Ines,
ehrlich gesagt hatte ich erwartet, das mich als Naturfreak Tbilisi eher langweilt, und ich bin total gespannt auf deine Eindrücke aus der georgischen Provinz. Aber schon die Stadt klingt total klasse und mit Schwefelbäder, Seilbahnen und Parks auch so, als ob sie mir und meinem Junior auch Spaß macht.
Liebe Grüße
Gela
Für Dich habe ich schon eine Trekking-Tour organisiert. 😉 Übernachtung im Zelt oder bei Einheimischen, so mitten in der Natur. Wir hatten ja das Frühlings-Softprogramm mit Schnee in den Bergen, da war nichts mit Outdoor, hatten ein gemütliches Hotel. Nach Georgien komme ich jederzeit wieder mit, gibt ja noch so viel „Nichtgesehenes“.
Liebe Grüße, Ines
Liebe Ines,
super, ich war total gespannt auf Deine Eindrücke. Seit wir letztes Jahr in St. Petersburg georgisch gegessen haben, steht Tbilisi auf unserer Liste – und Deine Erfahrungen sind nicht dazu angetan, mich davon abzubringen!
Liebe Grüße,
Maria
Ich könnte mir vorstellen, dass Du begeistert bist und das Essen… 😉 Georgien ist so vielfältig und Tbilisi so angenehm unaufgeregt, echt toll.
Liebe Grüße, Ines
Sieht super aus! Setze ich nach Deinem Bericht nun definitiv auf meine Bucket Liste! GlG, Nadine
Flugtechnisch seid Ihr ja auch gut dran, 2x wöchentlich direkt von Köln 🙂 Liebe Grüße, Ines
wie immer möchte man nach Deinem Reisebericht auf Deinen Spuren wandeln,klingt einfach toll
Vielen Dank 🙂