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Mitsegeln auf der Ostsee oder eine Bangbüx auf Segelregatta

Segeltörn Ostsee Regatta Warnemünde

Es ist Samstag Morgen, kurz nach acht. Müde verlasse ich die Fähre Richtung Yachthafen. Die Skipper sind längst wach und im Büro des Hafenmeisters ist schon gut was los. An der Pier schaukeln die vertauten Boote gemächlich. Ich gehe an Bord eines schnittigen Segelbootes und kann eines ganz ehrlich zugeben, ich habe Muffensausen und zwar ordentlich. Wovor?

Über Bord zu gehen, seekrank zu werden, mich zu blöd anzustellen. Mein Herzensmann hat das Programm an unserem Eltern-Wochenende in die Hand genommen. Für uns war klar, wenn wir schon zur Warnemünder Woche an der Küste sind, dann segeln wir auch mit. Das haben wir in Stralsund schon einmal ausprobiert. Doch statt eines gemütlichen Mitsegeltörns mit Blick auf die anderen Boote, mit der Kamera um den Hals und dem Kaffee in der Hand, hat mein Herzensmann uns fürs Mitsegeln bei der Warnemünder Bäderregatta angemeldet.

Versteht Ihr jetzt, warum ich den Flattermann kriege? Eine Regatta heißt Sportsegeln, schnell sein, gewinnen wollen oder zumindest ganz vorn dabei sein.

Just in dem Moment, als wir an Bord unseres Seglers gehen, bestätigt sich meine Vorahnung. Nach einem norddeutsch knappen „Moin“ wird meine Segelerfahrung abgefragt. Meine Antwort: „Null, gar keine“. In der Hoffnung, zum Deck schrubben oder für die Kombüse eingeteilt zu werden, erwähne ich nicht, dass ich einen Katamaran-Segelschein besitze. Mein Herzensmann wird befragt, ob er beim Bund war und in der Lage ist, Befehle entgegenzunehmen und auszuführen. Der Ton an Bord ist kurz, knackig und präzise, so sagt uns der Skipper.
Noch könnte ich von Bord gehen, an den Warnemünder Strand, mit meiner Kamera um den Hals und einem Kaffee in der Hand. Doch ich bleibe.

Hafen Hohe Düne, Bäderregatta WarnemündeMitsegeln Ostsee, Hafen Hohe DüneYachthafen Hohe Düne, Mitsegeln

Nach uns kommen noch zwei Leichtmatrosen an Bord, die über Segelerfahrung verfügen. Zwei sind schon da und zurren fleißig an den Schoten.

In Summe sind wir zu neunt an Bord. Der Skipper, die stellvertretende Skipperin, zwei Leichtmatrosen mit Ahnung, zwei, die behaupten Ahnung zu haben, ein Navigator, mein Herzensmann und ich.

Wir verlassen den Yachthafen Hohe Düne, um zur „Startlinie“ für die Regatta zu kommen. Hier werden wir eingewiesen. Apropos Startlinie, das ist eine imaginäre Linie zwischen einem Boot und einer Boje.

Jedem an Bord wird seine Position zugewiesen und erklärt, was zu tun ist. Mein Herzensmatrose ist im Vorschiff eingeteilt und ich an den Schoten für das Großsegel. Bis zum Startschuss werden noch einige Manöver geübt. Der Skipper versteht sein Geschäft und veranlasst routiniert alles Notwendige. Er gibt klare Kommandos, die Crew pariert – läuft. Wir kreuzen auf engem Raum, haben die Konkurrenz im Blick, dann bringt der Käptn uns in Position und mit einem lauten Knall geht es los.

Wir segeln an der Küste mit acht bis neuen Knoten entlang. Bei gleichbleibendem Wind und Kurs ist das sehr entspannt. Nix mit steifer Brise und doch segeln wir auf den vorderen Plätzen mit.

So sehe ich meine schöne Heimat mal aus einer ganz anderen Perspektive, von der hohen Kante der Enjoy. Die hohe Kante bedeutet beim Segeln einen Gewichtsausgleich zu schaffen, um der übermäßigen Schräglage (Kränkung) entgegenzuwirken.

Mitsegeln Ostsee Segelregatta, Hohe Kante

Auf der hohen Kante

Mitsegeln Ostsee, Segelregatta

Gespensterwald Nienhagen Ostsee

Selbst der Gespensterwald in der Nähe Heiligendamms ist vom Meer aus wunderbar zu sehen.

Um unser Ziel, die Wendeboje vor Kühlungsborn, schnell zu erreichen, sind mehrere Manöver nötig. Das klappt mit unserer Crew recht gut und als Dritte erreichen wir den Wendepunkt. Die Konkurrenz haben wir deutlich hinter uns gelassen und frohlocken auf einen Treppchen-Platz.

Zu früh gefreut. Plötzlich ist der Wind weg und eine Flaute setzt ein. Kein Lüftchen, einfach nichts. Pusten hilft bei der 13-Meter-Yacht auch nicht. Wir stehen still. Na gut, wir stehen nicht, wir schaukeln auf der Stelle. Und das ist wirklich übel. Meinem Herzensmatrosen wird auch schnell übel, denn er ist nur fürs schnelle Segeln gemacht. Er muss seinen Platz am Großsegel räumen und bekommt neben einem Eimer noch Kopfhörer mit Entspannungsmusik verordnet.

Ostsee MitsegelnMitsegeln Ostsee SegelregattaSegelregatta Warnemünde

Die Flaute dauert ewig und ich frage mich schon, ob wir aufgeben sollen. Wir kommen nicht vorwärts. Das geht den anderen natürlich genauso, jedoch sind die Boote leichter als unseres, sie können ihren Abstand zu uns verringern.

Der Skipper versucht, aus Spinnaker (bauchiges Vorsegel) und Großsegel rauszuholen, was möglich ist, aber über zwei Knoten schaffen wir es nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit findet der Käptn endlich ein Lüftchen, das uns mit gut fünf  Knoten zurück nach Warnemünde bringt.

Gegen 18.00 Uhr laufen wir in den Warnemünder Hafen ein. Mit einem lauten Hupen werden wir registriert und der Skipper kann sich sofort ausrechnen, dass wir den vierten Platz belegt haben.

Segelregatta Warnemünde Mitsegeln Ostsee 2

Inzwischen ist der Seekranke auch wieder genesen und kann nach dem Anlegen mit der Crew auf den gelungenen Segeltörn und den 4. Platz anstoßen.

Ich bin übrigens sehr froh, dass ich an Bord geblieben bin, denn es war ein tolles Erlebnis und gab gar keinen Grund, so bangbüxig zu sein. Ach ja und so rau, wie angekündigt, war der Ton gar nicht. Es wird ganz bestimmt ein nächstes Mal geben.
Danke an Diana, die mir ermöglicht hat, zwischendrin ein paar Fotos zu machen. Und falls Ihr bei ihr auf der Enjoy mal mitsegelt, dann grüßt sie herzlich. 🙂

Tipps und Anbieter fürs Mitsegeln

Mitsegeln kann man auf einigen Booten, aber nur wenige bieten die Teilnahme an Segelregatten an. Wir sind bei SeaTrips an Bord gegangen. Mit Skipperin Diana könnt Ihr die Warnemünder Bäderregatta, Rund Bornholm, die Mittwochsregatta Stralsund und Rund Rügen mitsegeln.

Weitere Infos auf www.seatrips.de

Auf der Webseite handgegenkoje.de findet Ihr weltweit Angebote zum Mitsegeln, auch ohne Regatta.

Mitsegeln auf der Ostsee | Minipackliste für einen Tagestörn

  • Segel- oder Turnschuhe, alternativ auch Gummistiefel mit sauberer Sohle für den sicheren Tritt an Bord
  • Zwiebellook mit einer Softshell-, Wind- oder Regenjacke
  • Segel- oder Fahrradhandschuhe (gummierte Gartenhandschuhe tun es auch, die haben mich gerettet)
  • Sonnencreme
  • Basecap / Mütze und Sonnenbrille
  • ggf. Tabletten gegen Übelkeit
  • Getränke / Verpflegung

Wie sieht es bei Dir aus? Warst Du auch schon einmal seekrank, bist irgendwo mitgefahren oder bist gar ein passionierter Segler. Dann freue ich mich, von Deinen Erfahrungen zu lesen.


Und jetzt, wo Du mit uns über die Ostsee geschippert bist, hast Du vielleicht Lust, noch mehr über die Küste und Schiffstouren zu lesen? Zum Beispiel unsere Tour in die schwedischen Schären mit dem Postboot oder den entspannten Segeltrip ab Stralsund.


Dir gefällt, was Du liest? Dann lass einen Kommentar da. Ich freue mich auch über Likes oder das Teilen des Beitrages. Ahoi 🙂

 

14 Kommentare

  1. Hallo, Ines!
    Wenn du von den Erfahrungen „passionierter“ Segler lesen möchtest, empfehle ich dir unseren Reiseblog. Wir (der Käptn und ich) sind – im wahrsten Sinne des Wortes – „alte“ Ostseesegler und leben nun mit unserer „Anima mea“ das fünfte Jahr unseren Traum: Segeln im Mittelmeer. Ich wette, deine Reiselust-Fieberkurve wird steil ansteigen!
    Liebe Grüße aus Hamburg
    Christine

  2. Hallo Ines,

    das war wieder ein sehr schöner Beitrag und ermuntert mich auch mal wieder zu schreiben.
    Keine Angst: An dein Niveau komme ich nicht ran.

    Viele Grüße
    Dirk

    • Ines sagt

      Danke für die Blumen, die ich mal virtuell entgegen nehme. ? Ich glaube , jeder, der schreibt, hadert mit seinem Stil. Das geht mir auch nicht anders. Liebe Grüße, Ines

  3. Woody in Latzhose – sensationell. Und Du auf der hohen Kante zum Gewichtsausgleich? Das klingt nicht frauenfreundlich 😉 …
    aber nach einer tollen Tour. Great. Geile Bilder dabei, u.a. vom Gespensterwald.
    Witzigerweise war ich letzten Juli im Hotel „Hohe Düne“ und kenne von daher sowohl den Blick auf den Kanal und den Yachthafen als auch die Mole. Ist echt schön anzuschauen. Habt Ihr ja gut ausgewählt.
    Was ist denn mit Deinem Segelschein vom Katamaran???
    PS: like Button ist immer noch nicht zu finden 😉
    See you , Jens

    • Ines sagt

      Mit meinem Gewicht war ich auf der hohen Kante unabkömmlich ;-). Der Katamaran-Segelschein liegt in der Schublade und manchmal ist es besser, tiefzustapeln. In der Hohen Düne würde ich auch gern mal wohnen, nicht schlecht. Liebe Grüße, Ines
      PS: Danke für Dein Like, nehme ich auch so entgegen.

  4. Das hört sich richtig spannend an. So eine Tour mit einem Segler steht auch schon lange auf meiner Wunschliste. Vielen Dank für den tollen Einblick und auch die Packliste.

    Liebe Grüße
    Tanja

    • Ines sagt

      Ich danke Dir 🙂 Dann auf an die Küste zum Schnuppersegeln oder Regattasegeln, bin gespannt, ob Du mal berichtest. Liebe Grüße, Ines

  5. Anne sagt

    Man oh man, das waren ja supertolle Bilder und Ihr seht sowas von zünftig aus,einfach klasse.Ganz liebe Grüsse Anne

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