Seit vier Monaten arbeite ich wieder, bin zurück in meinem alten Leben. Doch ist es das wirklich noch? Gefühlt ist mein Sabbatical ewig her, tatsächlich sind es nur vier Monate. Es wird Zeit, einmal zurückzuschauen: Was hat die Auszeit gebracht, was habe ich gemacht und hat sie tatsächlich mein Leben verändert?
Ich habe mich mehr als einmal gefragt, ob ich die Zeit gut genutzt habe. Heute, ja genau heute, weiß ich, das Sabbatical war wichtig und hat meine Sichtweise auf dies und jenes verändert. Ich habe nicht mich und mein Leben neu erfunden, aber ich habe realisiert, was mir wichtig ist, was mir gut tut und was ich mir für meine Zukunft wünsche.
Vier Monate im Schnelldurchlauf
In den Sommerferien war ich mit meinem Sohn in Japan und bin anschließend mit meiner ganzen Familie durch Malaysia gereist. Im September habe ich mit Mutter und Tochter den Helsinki-Trip nachgeholt, den ich genau vor einem Jahr stornieren musste. In den Herbstferien waren wir in Bella Italia und haben uns mächtig in Südtirol verliebt. Davon zehre ich bis heute und freue mich wie Bolle, dass ich Zeit für diese Reisen hatte, die mit normalen Urlaubstagen nicht machbar gewesen wären.
Als ich mein Sabbatical geplant habe, dachte ich noch, dass ich auch allein auf Abenteuerreise gehen will. Chile spukte mir im Kopf rum und Argentinien. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr habe ich gemerkt, dass mir das gar nicht wichtig ist. Stattdessen bin ich zweimal an die Ostsee gefahren. Ein paar Tage allein am richtigen Ort – und meine alte Heimat ist ein Kraftort für mich – sind perfekt zum Auftanken.
„Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie
auf das Große vergebens warten.“
Pearl S. Buck
Während des Sabbaticals zu Hause zu sein, ist für viele Aussteiger vielleicht undenkbar. Mit schulpflichtigen Kindern sieht das anders aus und einen entspannten Alltag zu erleben, war auch eine tolle Erfahrung. Ich habe aufgehört, 100 Dinge gleichzeitig zu tun, hatte Zeit für die Kids und den Garten, habe endlich mein Hochbeet angelegt, zig Gläser Marmelade gekocht, mich mit gesunder Ernährung und Nachhaltigkeit beschäftigt. Vieles habe ich in der Zeit verändert, z.B. alle Flüge des Jahres kompensiert und altbewährte Dinge gegen nachhaltige Alternativen ausgetauscht. (Wir sind auf einem guten Weg, aber nicht perfekt.)
Bücher sind meine Leidenschaft und tatsächlich habe ich fünf (bei Tageslicht!!) gelesen. Das Buch SLOW, Einfach Leben hatte starke „Nebenwirkungen“. Es geht um das Bewusstsein, was uns im Leben wichtig ist, was wir wirklich brauchen. Stück für Stück habe ich mich durch Schränke und Kartons gearbeitet. Säckeweise habe ich Klamotten, Spielzeug, sogar Bücher rausgeschleppt, sortiert und zu gemeinnützigen Organisationen gebracht. Was für ein befreiendes Gefühl.
Das Wichtigste in dieser Phase zwischen den Reisen war Zeit. Ich war flexibel und hatte alle Zeit der Welt – für meine Familie, um Freunde zu treffen, regelmäßig zum Yoga zu gehen und das alles mit Muße zu tun.
Das klingt jetzt alles so easy peasy, leider hat nicht alles so geklappt, wie ich es mir vorgestellt habe. Weder meine geplante Fortbildung noch der Sprachkurs fand statt. Beides wurde mangels Teilnehmer abgesagt. Der Fotoworkshop war ausgebucht, was mich anfangs natürlich deprimiert hat. Die Zeit habe ich für andere Dinge genutzt. Zum Beispiel für meinen Blog, um ausführlich über unsere Japan-Reise schreiben.
Am Ende der vier Monate war mentaler Kassensturz. Hat es sich gelohnt, hat sich etwas verändert oder habe ich mich verändert? Es war ja praktisch nichts Vorzeigbares da, außer meinem Hochbeet. Ja, es hat sich gelohnt. Für die Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden bin ich unendlich dankbar. Und ich bin stolz auf meinen Sohn und mich, dass wir uns in Japan so gut zurechtgefunden haben. All das, was wir gesehen und erlebt haben, hat uns wieder gezeigt, dass die Welt ein wunderbarer Ort ist.
Auch die Kinder fanden mein Sabbatical cool und mich deutlich entspannter. Der Riesenkick der Veränderung blieb erstmal aus. Kein Problem, denn das, was ich mir für mein Sabbatical gewünscht habe, das habe ich bekommen.
Zeit für Veränderung
Nach meiner Rückkehr in den Job war schnell klar, die Zeit ist reif für Neues. Mein Blickwinkel hatte sich scheinbar auf vieles in den vier Monaten verändert. Es ist nicht leicht, Bekanntes aufzugeben, von lieb gewonnenen Kollegen und einem Job, der Spaß macht, Abschied zu nehmen. Andererseits habe ich schon länger mit einem anderen Arbeitsbereich geliebäugelt, in den ich gern wechseln würde. Bislang waren die Widerstände zu groß, doch jetzt war ich energiegeladen und habe mich für das kalte Wasser entschieden.
Und heute? Bühne frei für einen neuen Lebensabschnitt. Ich habe meine Komfortzone verlassen und starte komplett neu. Mit einem anderen Job und einer passgenauen Fortbildung, die in dieser Woche beginnt. Ich freue mich riesig auf alles, was kommt.
Das Sabbatical musste mein Leben nicht grundlegend verändern, denn damit bin ich recht zufrieden. Aber es hat gut getan, Zeit für meine Herzensmenschen zu haben, den termingetriebenen Alltag zu verlassen und es hat mir einen ordentlichen Energieschub verpasst. Ich habe überdacht, was mir am Herzen liegt und welchen Ballast ich abwerfen kann. Der Abstand zum Job hat bewirkt, dass die Lust auf einen beruflichen Neustart größer ist als an Bekanntem festzuhalten. Ich weiß nicht, ob ich ohne meine Auszeit den Job so schnell gewechselt hätte.
Wie sieht es bei Euch aus? Denkt Ihr über ein Sabbatical nach oder seid Ihr schon mal aus dem Alltag abgetaucht? Was habt Ihr gemacht und was hat sich verändert? Lasst gern einen Kommentar da, ich freue mich auf Eure Erfahrungen.
„Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklichsein ist der Weg.“
Siddhartha Gautama Buddha
In diesem Sinne Ihr Lieben. Passt auf Euch auf, seid glücklich und nehmt Euch kleine oder große Auszeiten.
Erfahrungsberichte meiner Bloggerkollegen
- Inka von blickgewinkelt hat schon öfter ein Kurz-Sabbatical eingelegt
- Marc auf one-thing-to-do | Die Auszeit ist kein Allheilmittel
- Ute schreibt über das Leben nach der Auszeit auf bravebird
- Lena von family4travel war mit ihrer Familie auf Langzeitreise in Europa
- Jens von Overlandtour | Nach dem Sabbatical ist vor dem Sabbatjahr
- Gertje hat ihr Short-Sabbatical mit ihrem Sohn in Schweden verbracht
Reiseberichte aus meinem Sabbatical
- Sommerferien in Asien | Unsere Route durch Japan und Malaysia
- Konichiwa | Tokio mit Teenager
- Schöner schlafen im Ryokan und hungrig in Hakone
- Kyoto | Bambus, Gärten, Geikos, Tempel und Teezeremonie
- Mein schönster Ostseeradweg | immer am Meer entlang
- Nordic Beauty | Helsinki im Herbst
- Malaysia – coming soon – versprochen
Hallo Ines, einen schönen Blog hast Du hier aufgebaut. Wir haben einen Artikel über ein Sabbarjahr erstellt, indem wir aufzeigen, wie die Finanzierung und Organisation zu regeln ist. Icvh würde mich freuen, wenn wir dazu einmal telefonieren können.
Liebe Ines, das klingt toll. Alles richtig gemacht. Toll, dass du den Mut hast, die Komfortzone zu verlassen und neues zu probieren. Der beste Weg zu Glück und Zufriedenheit. Ganz viel Glück beim Neustart. Du packst das.
LG Judith
P.S. an meinem Minimalismus muss ich noch arbeiten?
Dankeschön Judith 🙂 Ein 100 prozentiger Minimalist werde ich wohl auch nicht, aber es ist in der Tat sehr befreiend, wenn man sich von unnützem Ballast befreit.
Herzliche Grüße, Ines
Hey, liebe Ini, klasse Zusammenfassung! Diese pusht einen selbst wieder! Das Buch Slow klingt sehr interessant – da kommen mir gleich die Bilder vom minimalistischen Wohnstil im wunderschönen Haus in Kappeln vor Augen. Und es durchzuckt mich gleich wieder ? auszumisten!!!
Ich finde es toll, dass Du in dieser „Freizeit“, die für Dich wichtigen Dinge neu sortieren konntest und auch wenn die Auszeit viel zu schnell vorbei ging, Du nun mit einem neuen mutigen Plan durchstartest …! Und komplett neuer Job klingt jetzt mega spannend – freue mich auf ein schnelles Wiedersehen ?. Sei lieb umarmt, Ix
Danke, danke und beim nächsten Wiedersehen stoßen wir mal darauf an. 🙂 Das Ferienhaus war wirklich ein Träumchen und der Inbegriff von Minimalismus. Davon bin ich aber noch ein ganzes Stück entfernt.
Liebe Grüße, Ines
Liebe Ines,
es freut mich zu lesen, dass du dein Sabbatical wirklich genießen konntest! Ich habe in unseren Sabbaticals auch immer vor allem die Zeit geschätzt, die man zusammen (oder auch mal für sich alleine) verbringen konnte.
Und ich finde auch, dass es nicht immer gleich eine Weltreise sein muss. Es ist wunderbar, zuhause mehr Zeit mit und für einander zu haben. Das habe ich während meiner Krankschreibung im Herbst gemerkt (nur dumm, dass man dazu erstmal krank werden muss).
Alles Gute für die berufliche Neuorientierung und dass dich deine Auszeit noch lange gedanklich begleitet.
Viele liebe Grüße aus dem hohen Norden,
Hartmut
Tack så mycket Hartmut. Dir habe ich mein Sabbatical schließlich mitzuverdanken, denn ich habe Deine Auszeit mitverfolgt und das hat mich zum Nachdenken gebracht (und letztlich zum Handeln). Ich hoffe sehr, dass es Dir wieder gut geht und schicke viele Grüße in den schönen Norden.
Hej då, Ines
Ines, das klingt richtig toll von Dir. Ich freue mich sehr für Dich und Deine Erkenntnisse!!!
Good luck beim Wechseln und bleib hübsch entspannt 😉
Lieben Gruß
Jens
Dankeschön, lieber Jens und entspannte Grüße. 😉 Ines
Lustig, ich habe mich das auch schon gefragt, wie es dir mit dienem Sabbatical wohl ergangen ist ohne Dauer-Reise. Aber du hast völlig recht: Wichtiger als jede Reise ist die Besinnung auf das Wesentliche. Und die scheint dir ja geglückt zu sein. Alles Gute für deinen beruflichen Neustart!
Liebe Grüße
Gela
Vielen Dank Gela, ich bin schon sehr auf den Neustart gespannt und freue mich riesig.
Herzliche Grüße, Ines
Hui, na ein Jobwechsel ist ja dann doch eine extrem große Veränderung durch ein Sabbatical, finde ich!
Für mich hat beim alten Job perfekt funktioniert, mir jedes zweite Jahr 2 Monate freizunehmen, das geht leider beim neuen Job nicht mehr, dafür arbeite ich bei dem ja nur noch 3 Tage die Woche (angestellt, die Selbständigkeit kommt halt dazu). Wenn ich wählen könnte, würde ich wieder 4 Tage/Woche arbeiten und 2 Monate im Jahr freimachen, statt mit den 28 Urlaubstagen rumzukrebsen. Lieber weniger selbständig arbeiten, dafür länger am Stück frei. 🙂
Klingt jedenfalls toll und ich hab Deine Japan-Berichte sehr verschlungen.
Liebe Grüße
Inka
Vielen lieben Dank, Inka.
Es gibt schon viele spannende Modelle, ich glaube, dass sich die Arbeitswelt da noch ziemlich ändern muss. Alle zwei Jahre länger frei zu haben, ist ein Träumchen. Wer weiß, vielleicht habe ich ja irgendwann wieder die Möglichkeit, eine kleine Auszeit einzulegen.
Liebe Grüße, Ines
Man spürt förmlich den Energieschub,mit dem Du neu startest.Ich wünsche Dir dafür alles Gute,neue tolle Erfahrungen und Freude und Spaß bei der Bewältigung der neuen Aufgaben.
Ganz lieben Dank Anne. 🙂 Viele Grüße, Ines