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Wipfelstürmer | Der Baumkronenpfad Beelitz Heilstätten

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Ist das nicht merkwürdig? Jahrelang lässt man diese wunderschönen Gebäude verfallen. So sehr, dass einige nur noch Ruinen sind. Jetzt erleben sie ein Comeback – als beliebtes Fotomotiv für lost places. Und sie haben Zuwachs bekommen, den ersten Baumkronenpfad Brandenburgs.

Die Eröffnung des Wipfelpfades war genau vor einem Jahr und genau so lange steht er auf meiner „Brandenburg-muss-ich-machen-Liste“. Am letzten Ferienwochenende haben wir uns in luftiger Höhe die Brandenburger Wälder und das einzigartige Klinikareal von oben angesehen. Mit dazu gab es noch eine spannende Geschichtsstunde.

Der Baumkronenpfad Beelitz Heilstätten

Vom Parkplatz bis zum Eingang laufen wir nur ein paar Minuten, dann beginnen wir mit dem Aufstieg. Der Aussichtsturm ist 40 Meter hoch, wir biegen nach der Hälfte auf den Baumkronenpfad ab. Den Turm heben wir uns bis zum Schluss auf. Wir wollen uns ja langsam an die Höhe gewöhnen. Und es ist verdammt hoch. Zwischen uns und dem Erdboden liegen 17 und 22 Meter.

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Auf einer Länge von 320 Metern zieht sich die riesige Konstruktion aus Stahl und Holz durch den Wald. Glaubt nicht, dass man bei den paar Metern schnell durch ist. Zu sehen gibt es nicht nur Bäume, vor allem die verfallenen Häuser sind aus der Vogelperspektive spannend. Und zu lesen gibt es auch etwas, entlang des gesamten Weges sind Informationstafeln aufgestellt.

baumkronenpfad-beelitz-heilstaetten-brandenburgAlpenhaus Beelitz Heilstätten, Baumkronenpfad

Der Baumwipfelpfad verläuft nahe am Alpenhaus, dem ehemaligen Frauensanatorium. Hier waren zu Spitzenzeiten 270 Patientinnen untergebracht.

Seit 1944 verfällt das Haus, es wurde bei einem Brand stark zerstört. Inzwischen hat die Natur hier wieder das Zepter übernommen. Aus allen Ritzen und Ecken wuchern Bäume und Pflanzen. Auf dem Dach ist ein mächtiger Wald entstanden, in dem ein einsamer Fuchs lebt. An einigen Stellen scheint die Ruine zum Greifen nah.

baumkronenpfad-beelitz-heilstaettenBaumkronenpfad Beelitz Heilstätten, AlpenhausBaumkronenpfad Beelitz Heilstätten, AlpenhausBaumkronenpfad Beelitz Heilstätten, Alpenhaus

Zum krönenden Abschluss besteigen wir den Turm. Die sonst so mutige Tochter kneift dieses Mal. Sie bleibt auf 20 Metern. Wir klettern den Turm bis ganz nach oben und haben in 40 Metern Höhe einen Eins-a-Blick über den Fläming. Unter uns die verfallenen Gebäude, der Baumwipfelpfad und irgendwo am Horizont Berlin. Ich stelle mir vor, wie schön es hier im Herbst sein muss, wenn sich die jetzt knallgrünen Bäume färben.

baumkronenpfad-beelitz-heilstaetten-ausflugstipp-familieBaumkronenpfad Beelitz Heilstätten, Ausflugstipp BrandenburgBaumkronenpfad Beelitz Heilstätten, Ausflugstipp Brandenburg

Wer nicht so gut zu Fuß oder mit einem Kinderwagen unterwegs ist, nimmt den Fahrstuhl. Der Baumkronenpfad ist barrierefrei.

Die Führung durch die Beelitzer Heilstätten

Ich bin froh, dass wir uns für eine Führung entschieden haben. Unser Guide nimmt uns mit durch die wechselvolle Geschichte, die spannender als ein Krimi ist. Er kennt jeden Winkel und jede Anekdote.

Wenn die Gebäude reden könnten, sie hätten sicher auch wahnsinnig viel zu berichten. Vom Beginn vor 100 Jahren, als die Beelitzer Heilstätten ein ultramodernes Klinikareal zur Behandlung von Tuberkulose waren. Vom größten russischen Militärhospital außerhalb der damaligen Sowjetunion, vom Zufluchtsort Erich Honeckers, den Dreharbeiten für die Filme Operation Walküre und Der Pianist. Die Beelitzer Heilstätten sind ein dickes Stück deutsche Geschichte.

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Wie muss das wohl gewesen sein? Monatelang eine Liegekur zu absolvieren. Tag für Tag sechs Stunden an der frischen Luft liegen, zu jeder Jahreszeit. Ohne Handy, iPod oder sonstiger Unterhaltung. Da nicht alle Zimmer Balkone hatten, gab es sogenannte Liegehallen.

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Ehemalige Liegehalle

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Renovierte Liegehalle im Eingangsbereich

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Ein Gebäude dürfen wir sogar von innen besichtigen – die Chirurgie. Vorsichtig betreten wir das baufällige Haus. Es riecht nach Verfall, überall liegt Schutt, es bröckelt von den Wänden. Statt Fenster klaffen nur noch Löcher in den Wänden. Dennoch bekommen wir eine Ahnung davon, wie schön es hier früher gewesen ist.

Die Chirurgie wurde 1930 fertiggestellt und war das letzte und modernste Gebäude. Die 80 Zimmer waren überwiegend Einzelzimmer, ausgestattet mit einem Südbalkon für die Liegekuren.

Die Chirurgie, Beelitz Heilstätten, lost places BrandenburgDie Chirurgie, Beelitz Heilstätten, lost places BrandenburgDie Chirurgie, Beelitz Heilstätten, lost places BrandenburgDie Chirurgie, Beelitz Heilstätten, lost places Brandenburg

Nach der einstündigen Führung streifen wir noch ein wenig über das Gelände. Meine Kamera lechzt nach weiteren Fotomotiven.

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Am Ende des Tages sind wir vier uns einig. Der Baumkronenpfad ist ein tolles Erlebnis für die ganze Familie. Das i-Tüpfelchen ist die Wipfelwanderung mit einer Führung durch das verwilderte Gelände der Beelitzer Heilstätten, auch für Kinder.

Baumkronenpfad Beelitz Heilstätten – gut zu wissen:

Hinkommen

Beelitz Heilstätten liegt im Berliner Süden. Vom Berliner Autobahnring fahrt Ihr auf die A9 und nehmt die Abfahrt Beelitz Heilstätten. Dann seid Ihr schon fast am Parkplatz, der 2,00 EUR kostet.
Mit der Regionalbahn von Berlin (RE7 oder RB23) bis Beelitz Heilstätten, Fußweg bis zum Parkeingang ca. fünf Minuten.

Reinkommen

Erwachsene zahlen 9,50 EUR
Kinder zwischen 7 und 17 zahlen 7,50 EUR
Ermäßigungen gibt es für Familien, Senioren, Schüler und Gruppen.

Öffnungszeiten: Der Baumkronenpfad Beelitz Heilstätten ist ganzjährig geöffnet.
Mai – September von 09.00 bis 19.00 Uhr, April bis Oktober 09.00 bis 17.30 Uhr, November bis März 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr.

Führungen

Täglich um 14.00 Uhr, am Wochenende gibt es drei weitere Termine. Themen: Natur und Gehölze, Geschichte der Heilstätten und Gebäudeführungen. Die Gebäude sind nur mit einem  Guide zu besichtigen, da sie teilweise Einsturz gefährdet sind.
Die Führungen dauern eine Stunde. Sie kosten zwischen 4,00 EUR pro Person (zzgl. zur Eintrittskarte für den Baumwipfelpfad) und 10,00 EUR.

Verschnaufen

Auf dem Parkgelände gibt es ein Bistro (direkt am Turm) und einen Imbiss am Ein- bzw. Ausgang.

Alle Infos zu den Führungen und aktuellen Öffnungszeiten findet Ihr beim Betreiber Baum & Zeit:  www.baumundzeit.de


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Disclaimer: Von Baum & Zeit wurden mir Freikarten zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür. Meine Meinung bleibt davon unberührt.


 

25 Kommentare

  1. Hi Ines,

    tolle Bilder hast du da gemacht! Ich war mittlerweile nun auch schon 3 mal dort und finde die alte Anlage immer wieder spannend. In zwei Wochen fahren wir wieder hin, diesmal mit der ganzen Familie auf den Baumkronenpfad und den neuen Baarfußpfad, der ist super für Groß und Klein und macht richtig viel Spaß. Ich hab da kürzlich einen Post zu verfasst. Vielleicht hast du ja Lust mal reinzuschauen: http://elikinz.de/barfusspark-baumkronenpfad-beelitz-heilstaetten/

    Ich wünsch dir weiterhin viel Spaß beim Reisen und Fotografieren <3

    • Vielen Dank Elisa. Du bist ja ein richtiger Baumkronenpfad-Fan ;-). Ich werde auf jeden Fall auch noch einmal dorthin fahren, wahrscheinlich im Frühling oder im Winter. Dann kann man durch das fehlende Laub noch viel besser auf die Gebäude sehen. Ich hüpfe mal zu Deinem Erfahrungsbericht rüber. Liebe Grüße, Ines

  2. So, nun steht er auch auf meiner to-do-Liste, der Baumkronenpfad! Danke für den schönen Artikel. Trau mich ja kaum zu erwähnen, dass er in meiner unmittelbaren Heimatumgebung liegt, aber wie so häufig, wird das direkte Zuhause manchmal verschmäht… Dabei schwärme ich noch immer von einer Baumkronenwanderung in Costa Rica. Brandenburg kann’s also auch 😉
    Schicke den Artikel auch mal an die Lieben daheim, damit wir uns möglichst bald gemeinsam dahin aufmachen, also dann, wenn die Herbstfärbung ruft…
    Bis bald

    • Das ist ja typisch, in Costa Rica rumkraxeln, aber direkt vor der Haustür schön drumrumfahren ;-). Ende des Herbstes wird abgefragt, ob die ganze Familie da war. Liebe Grüße, Ines

  3. Liebe Ines,

    ich musste so lachen, als ich deinen Bericht gelesen habe, denn mir ging es genauso: Wir haben auch fast ein Jahr gebraucht, bis wirs endlich geschafft haben, obwohl die Location von Anfang an auf der Liste stand. Cool, dass ihr nicht nur den Baumkronenpfad sondern auch die Heilstätten-Besichtigung gemacht habt. Dafür hat uns leider die Zeit gefehlt. Auf den Turm sind wir auch nicht gekommen, weil mein Juniorpartner geschwächelt hat – wir haben also immerhin schon zwei Gründe, wieder hin zu fahren. Ist schon ein besonderes Erlebnis über den Ruinen zu spazieren …

    Liebe Grüße
    Gela

    • Dann auf ein Neues mit Führung und Turm. 😉 Ich glaube, im Herbst ist es ein Träumchen.
      Liebe Grüße, Ines

  4. Einen schönen Artikel, den du da geschrieben hast, Ines. Ich muss zugeben, dass ich an den Besuch im Baumwipfelpfad mit gemischten Gefühlen zurück denke. Der Pfad an sich über die Gebäude hinweg ist wahrlich sehr beeindruckend. Toll fand ich auch, dass die Chirurgie dank Führung betreten werden durfte, denn das wollte ich bereits seit Jahren. Doch gleichzeitig begutachte ich die Kommerzialisierung des Geländes auch wieder etwas skeptisch. Auf der einen Seite ist es gut, dass das Gelände nicht länger verfällt und die Besucher Geschichte hautnah erleben können und gleichzeitig finde ich es bedenklich zu welchen Preisen solche Gebäude gerade einmal besichtig werden dürfen. Für mich als langjähriger Lost Place Liebhaber ruft das automatisch ein ungutes Gefühl hervor. Und dennoch: Ich war sehr glücklich darüber endlich mal dieses Gelände besuchen zu dürfen, da ich den Wunsch bereits seit mehreren Jahren in mir verspürte, aber vorher ein Besuch leider lange nicht möglich war. Einmal im OP der Chirurgie der Beelitzer Heilstätten stehen – das habe ich nun geschafft 🙂 Wir durften damals sogar allein das Haus erkunden, zumindest so lange, wie die Führung ging. Das war hervorragend zum Fotografieren, zumal ich sowieso Fotos ohne Menschen bevorzuge, gerade in solchen Locations.
    Ich werde auf jeden Fall die Entwicklung des Baumwipfelpfades weiter verfolgen. Spannend zu lesen ist, dass noch so große Vergrößerungsmaßnahmen mit Start in der Chirurgie geplant sind…das wusste ich bisher noch nicht. Ich war damals kurz nach Eröffnung da, zu dem Zeitpunk hieß es noch, dass die Chirurgie zu einem Hotel umgebaut werden soll. Was ich auch schon wieder sehr schade finde, schließlich ist gerade dieses Gebäude mit dem OP und den Balkonen ein Highlight. Na mal schauen, wohin die Entwicklung mit dem Gelände geht…

    • Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich sehe das eher positiv. So viele Jahre wurde dieses unglaublich geschichtsträchtige Areal verfallen lassen, so sehr, dass einige Gebäude wohl kaum zu retten sind. Ich habe das Gefühl, dass hier ganz behutsam vorgegangen wird. Was auch immer daraus wird, im Moment kann ich es jedem empfehlen. Liebe Grüße, Ines

  5. Endlich habt ihr es nach Beelitz geschafft! 🙂
    Jetzt wo ich deinen Beitrag gelesen habe, könnte ich direkt wieder hin. Vor allem weil es den Pfad scheinbar auch bei schönem Wetter gibt!
    Wurde eigentlich schon mit der nächsten Bauphase angefangen? Der Pfad soll irgendwann ja direkt in der Chirurgie starten.

    Liebe Grüße
    Marc

    • Ja endlich und es war so cool. Nein, im Moment wird nicht gebaut bzw. ich habe es nicht wahrgenommen, der Baumkronenpfad soll ja bis auf 1000 Meter verlängert werden. Dann bin ich wieder da, allerspätestens. 😉 LG, Ines

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