Heute ist ein richtiger Sommertag, also nutzen wir ihn. Auf nach Brandenburg und mit Karacho rein in die Natur. Wo kann man besser abschalten als in einem Kanu, das fast geräuschlos durchs Wasser gleitet.
Brandenburg ist wunderbar und doch habe ich ein wenig Fernweh. Es ist noch kein Jahr her, da bin ich mit meiner Familie durch Japan und Malaysia gereist. Aber auch diese Sehnsucht nach der Ferne heilt Brandenburg mit herrlicher Landschaft, viel Wald und Wasser und einem Hauch von Kanada oder Schweden. (Und das Beste, wir sind nur eine Autostunde von unserem Zuhause entfernt.)
Unsere Paddeltour startet heute im kleinen Fischerdorf Alfriesack. Kennt Ihr nicht? Das ist ein gutes Zeichen, denn der kleine Ort im Ruppiner Seenland ist auch mitten in den Sommerferien ein Kleinod und alles andere als überlaufen.
Wir starten heute das Experiment, zu viert in einem Kanadier zu fahren. (Sonst sind wir immer in Zweierkajaks gefahren.) Beim Verleiher melden wir uns kurz an und dann geht es los. Ok, nicht gleich, denn es muss erst diskutiert werden, wer wo sitzt und wer steuern darf, aber dann stechen wir in See.
Zu viert in einem Kanu ist eine neue Erfahrung, doch es dauert nicht lange, bis unsere Stechpaddel im Takt durchs Wasser gleiten.
Wir steuern direkt auf den Bützsee und umrunden dort die kleine Insel. Anlegen dürfen wir nicht, da sie unter Naturschutz steht und das Betreten verboten ist. Für eine Pause ist es ohnehin zu früh und vor uns liegt nun der schönste Abschnitt der Paddeltour, eine urwüchsige Flusslandschaft – sehr schmal mit hohem Schilf und dicht bewachsenem Ufer.
Hier ist nicht viel los und das ist gut so. Nur selten begegnen wir anderen Kanuten, eigentlich sind wir die meiste Zeit allein. Wenn die Jüngste an Bord nicht so viel schnattern würde, könnten wir den Flügelschlag der Reier oder das Ab- und Auftauchen der Haubentaucher hören.
Mit oder ohne Geschnatter, es ist herrlich, durch die Natur zu gleiten und die Seele baumeln zu lassen.
Apropos Seele. Sokrates sagte ja schon vor langer Zeit, dass Essen und Trinken die Seele zusammenhält. Also stellt sich die Frage nicht, ob wir beim Fischer für eine Mittagspause stoppen. Was für ein Glück, dass wir nicht vorbei gefahren sind. Die Fischerhütte Pfefferkorn ist nicht nur ein idyllisches Plätzchen, die Fischbrötchen sind der Hammer. Ich gönne mir ein knackiges dunkles Brötchen mit geräuchertem Aal und werde direkt in meine Kindheit zurückgebeamt. (Ich bin wieder acht und mein Vater räuchert den selbst gefangenen Aal im Ofen in Omas Garten.)
Zurück an Bord, kommen wir nicht weit. Jetzt heißt es, Kanu raus aus dem Wasser und über eine Slipanlage bergauf ziehen. Die Viermal Fernweh-Kids drängeln sich um den kleine Wagen, der das Kanu transportiert und versuchen, es von der Stelle zu bewegen. Vergeblich. Hier ist die Muskelkraft des Vaters gefragt. Die letzten Meter tragen die Jungs das Teil, bevor wir es wieder zu Wasser lassen können.
Wir steuern jetzt auf den Ruppiner See zu, der mit 14 Kilometern, der längste See Brandenburgs ist. Auf dem See zu paddeln ist etwas anstrengender als in den geschützten Wasserarmen. Der Wind kommt wie immer von vorn, aber das kann uns Vieren nichts anhaben. Wir paddeln in die Mitte des Sees und schon sind die Kinder wieder reif für eine Pause. An einer kleinen Badestelle gehen wir an Land und die Familie wirft sich bei 19 Grad Wassertemperatur in den See. Ich kneife, einer muss ja Fotos machen. 😉
Wir paddeln ganz gemach zurück in Richtung Altfriesack, doch ein Highlight erwartet uns noch. Vor uns liegt die Schleuse Altfriesack, deren Tore weit geöffnet sind. Vier Boot liegen schon im Inneren. Wir hauen noch einmal in die Paddel, was das Zeug hält, denn es gibt feste Öffnungszeiten. Unser Glück ist, dass die nette Schleusenwärterin auf uns wartet und uns auf den letzten Metern noch anfeuert. Dann schließen sich die Tore und es geht abwärts bis der Wasserstand das nötige Niveau erreicht hat.
Nach unserer Paddeltour musste ich noch einen Blick „von oben“ auf die Schleuse mit ihrer Klappbrücke über den Rhinkanal werfen. Die Brücke wurde 1787 nach holländischem Vorbild aus Holz gebaut und 1927 durch eine Konstruktion aus Stahl ersetzt. Das ganze Ensemble aus Brücke, Schleuse und Schleusenhaus stehen heute unter Denkmalschutz.
Nach knapp vier Stunden geben wir unseren Kanadier schweren Herzens wieder ab. Die Tour ist einfach großartig, wir wären am liebsten noch ewig weiter gefahren. Es ist alles dabei: große Seen mit kleinem Wellengang, kleine malerische Fließe mit hohem Schilf, Badestellen und nicht zuletzt das Slippen und Schleusen des Kanus.
Die Tour ist für jedermann empfehlenswert, denn man kann sie kurz oder lang halten, je nach Lust und Kondition und ein Hauch Abenteuer ist auch dabei. Am Ende des Tages hat mich die schöne Brandenburger Natur wieder verzaubert und mein Fernweh geheilt (zumindest ein bisschen).
Paddeln ab Altfriesack
Altfriesack liegt im Norden Brandenburgs im Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Vom Berliner Stadtrand braucht man mit dem Auto eine gute Stunde (über die A24 oder B96). Von Berlin-Gesundbrunnen kommt Ihr mit der Regionalbahn nach Altfriesack (mit Umsteigen) .
Kanuverleih
Beim Verleiher bekommt Ihr nicht nur Kajaks oder Kanadier, auch Stand up Paddling ist möglich und wer länger bleiben möchte, kann hier auch campen. Alle Infos zu den Preisen und Bootstypen gibt es hier: altfriesack.de/kanu
Schleuse Altfriesack
Bis Ende September ist die Schleusenzeit jeweils zur vollen Stunde. Die genauen Öffnungszeiten der Schleuse findet Ihr hier: neuruppin.de/tourismus
Fischerei Fischerhütte Pfefferkorn
Am Teich 10, 16818 Karwe (Tel. 033925 71195) In der Saison täglich geöffnet. Sehr, sehr leckerer frischer Fisch (auch zum Mitnehmen).
Danke für den Tipp, wandert direkt auf meine To Do–Liste. Ich sammel schon ein paar Ideen für den Sommer, ins Ausland werden wir wohl eher nicht kommen.
VG Uwe
Toll, das ist ja Natur pur! Richtig abenteuerlich! Wenn es weiterhin noch so warm bleibt, dann klingt das eigentlich nach einem perfekten Wochenend-Trip.
ich wußte gar nicht,daß es in der Umgebung so tolle Urwaldlandschaften gibt ,ihr habt ja wirklich neben Natur auch tolle Erlebnisse genießen können
Das ist das Schöne, es hat sich noch nicht komplett rumgesprochen, wie schön es ist. LG Ines