Wales, dieses kleine Fleckchen Erde begeistert wohl jeden Naturliebhaber mit großartiger Landschaft – über 1200 km traumhafter Küste, knallgrünen Wiesen, sanften Bergen, schroffen Steilküsten, pittoresken Dörfern und Burgen.

In unserem Reisebericht nehme ich Euch mit auf unseren Roadtrip durch Wales, 10 Tage, vier Stationen, unzählige wundervolle Orte.

Nach vier Tagen London freuen wir uns riesig auf Wales. So großartig London ist, uns zieht es raus in die Natur. Weg von der Sommerhitze der Stadt, den Menschenmassen und dem Verkehr, hin zum Meer, zu Weite, Ruhe und Beschaulichkeit.
Ursprünglich wollten wir durch ganz Wales fahren, doch dann haben wir uns nur für den Süden und die Mitte entschieden. Eine super Idee, wie sich herausgestellt hat, so konnten wir die Zeit intensiver und länger an den einzelnen Orten genießen.

#1 Halbinsel Gower

Unsere erste Station führt uns in einen klitzekleinen Ort auf die Halbinsel The Gower an der walisischen Südküste. Mehr Kontrast zur Millionenmetropole London geht nicht. Als wir das erste Mal durch unser Örtchen Llangynydd laufen, stellt unsere Teenagertochter fest, dass wir hier ja seeeehr ländlich wohnen. Das ist auch (gut) so, bewusst haben wir uns für den ruhigen Südwesten der Halbinsel entschieden.

Rhossili Bay

The Gower steht für eine grandiose Küstenlandschaft, traumhafte Strände und malerische Küstenorte. Eine Berühmtheit ist die Rhossili Bay. Der kilometerlange, weiße Strand ist ein Mekka für Wassersportler und wird regelmäßig zu einem der schönsten Strände Großbritanniens gewählt.
Von Llangynydd laufen wir durch eine kunterbunte Heidelandschaft steil bergauf bis wir auf dem „Gipfel“ mit einem fantastischen Ausblick auf den Strand und die vorgelagerte Insel Worms Head belohnt werden. Der Wind zerrt an unseren Jacken und bläst uns fast um. Der Regen prasselt auf unsere Kapuzen, aber es stört uns nicht, die Landschaft ist so überwältigend. Wir nehmen einen anderen Weg zum Strand und spüren auch hier die ganze Kraft der Natur: Das tobende Meer, den pfeifenden Wind, die salzige Luft – ein richtiger Kraftort.

Wir schauen den Surfern und Wellenreitern noch eine Weile zu und wärmen uns in einem netten Café in der Nähe des Strandes auf.

Diese spektakuläre Bucht wollen wir noch aus einer anderen Perspektive sehen und fahren am nächsten Tag direkt nach Rhossili. Hier führt ein Weg oberhalb der Steilküste entlang. Freilaufende Ponys und Schafe grasen ganz nah an den Klippen. Wir wollen ihnen zurufen, seid vorsichtig, passt auf, aber sie grasen und traben ganz gelassen an der Felskante.
Auch hier zeigt sich die walisische Küste wieder in ihrer vollen Schönheit, rau und malerisch zugleich. Die Gischt spritzt an den Klippen hoch und wir ziehen unsere Kapuzen fester.

Bei Ebbe kann man nach Worms Head wandern, eine Insel, die zu bestimmten Zeiten über eine felsige Landbrücke zu erreichen ist. Die Gezeiten und das Wetter solltet Ihr dabei genau im Blick haben, sonst sitzt Ihr bis zum nächsten Ebbe-Tiefstand dort fest.

Blick auf Worms Head

Three Cliffs Bay

Drei zackige Felsen gaben der pittoresken Three Cliffs Bay ihren Namen, die ebenfalls zu den Höhepunkten Gowers zählt. Die Bucht ist relativ einfach zu erreichen. Wir haben am Heritage Centre im Dorf Parkmill geparkt (5,- Pfund). Von hier führt ein Wanderweg direkt zu den Klippen. Es geht durch ein Waldgebiet und Dünen bis zum Strand. Wenn Ihr ganz nah an die Felsformationen wollt, müsst Ihr noch einen Flusslauf durchqueren. Die Bucht ist wirklich wunderschön. Als wir dort unterwegs sind, zeigt Wales sich sommerlich und lässt die Felsen im Sonnenschein glitzern.
Für den Hin- und Rückweg könnt Ihr ca. 1,5 Stunden einplanen.

Empfehlenswert ist ein Stopp im Gower Heritage Center in Parkmill (wo auch der Parkplatz ist). Hier gibt es ein Museum, guten Kaffee, leckeren Kuchen und – mit etwas Glück – schwungvolle Countrymusik.

Mumbles

Mumbles ist ein hübsches Seebad mit vielen Geschäften, Cafes, Restaurants und einer langen Promenade auf der gefühlt halb Wales auf den Beinen ist. Unser Teenager freut sich über so viel urbanes Leben und wir pilgern mit vielen Familien die Promenade zum Pier entlang. Ein Ausflug in den quirligen Ort lohnt sich, v.a. wenn man ein paar Dinge besorgen will oder Lust auf Unterhaltung hat. Die schönste Aussicht des Ortes hat man vom Mumbles Pier auf die kleine Insel Mumbles Head, die man bei Ebbe zu Fuß erreichen kann. (Ihr wisst ja, unbedingt den Gezeitenkalender beachten.)

#2 Tenby & Pembrokeshire

Die Halbinsel Gower verlassen wir im Nieselregen und fahren der Sonne entgegen. Die nächsten Tage bleiben wir in Tenby, einer beliebten Küstenstadt in Pemrokeshire. Dass Tenby in jedem Reiseführer gehyped wird, verstehe ich sofort. Die Lage zwischen zwei Buchten ist fantastisch. Bei Ebbe gibt es zwei tolle breite Strände, bei Flut einen schönen Hafen. In der schnuckligen Altstadt mit pastellfarbenen georgianischen Häusern, Palmen und einem bunten Blumenmeer fühlen wir uns fast wie in südlichen Gefilden. Und das walisische Wetter kann auch anders, es ist richtig sommerlich.

Tenby

In Tenby ist auch die Tochter glücklich. Innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern gibt es nette Geschäfte, Eisdielen, Restaurants und ziemlich viele Candy Shops. Der Hafen ist bei Ebbe und Flut gleichermaßen sehenswert. Ich kann mich nicht recht entscheiden, welche Ansicht ich lieber mag, mit oder ohne Wasser.

Wir genießen die Tage in Tenby. Lange Strandspaziergänge bei Ebbe, Möwengeschrei im Ort, Gezeiten, so fühlt sich Urlaub an. Es sind viele Familien unterwegs, mit Buddeleimern Richtung Strand, mit großen Candy-Tüten oder Eis schleckend. Die Atmosphäre ist entspannt und überlaufen empfinde ich Tenby auch im August nicht.

Tenby ist ein idealer Ausgangsort für Wanderungen durch den Pembrokeshire Coast National Park.

Pembrokeshire Coast National Park

Eine unserer schönsten Wandungen führte uns durch den Pembrokeshire Coast National Park zu den Felsformationen von Elegug Stacks und der Green Bridge of Wales.

Auf dem Weg liegt der kleine Ort Stackpole, wo wir uns im gemütlichen Stakepole Inn noch eine Kaffeepause gönnen und uns letzte Tipps für die Anfahrt zur Südküste holen.

Von Stackpole fahren wir über die B4319 bis zur Abzweigung Ermigate Lane. Ab hier geht es durch militärisches Sperrgebiet. Wir haben Glück, das Tor Richtung Steilküste ist geöffnet. Auf dem Militärgelände der Castlemartin Ranges finden regelmäßig Manöver statt, so dass es nur zu bestimmten Zeiten passierbar ist. Ansonsten ist das Areal geschlossen. Das Betreten bzw. Befahren ist zu diesen Zeiten nicht nur verboten, es ist auch lebensgefährlich. Erkundigt Euch unbedingt, wann das Gebiet offiziell zugänglich ist. (Die Schließzeiten findet Ihr hier: Castlemartin Ranger.)

Vom Parkplatz ist es nicht weit zur Steilküste. Über ein seichtes Plateau kommen wir zur Felskante, die steil ins Meer fällt. Wasser und Wetter haben hier eine spektakuläre Szenerie geschaffen. An den Felsen seilen sich gerade einige Kletterer ab. Wir nähern uns den Klippen lieber vorsichtig, es ist echt tief.

Aus dem Meer ragen zwei riesige Felsblöcke, die Elegug Stacks. Nur ein Stück weiter liegt die bekannteste Felsformation. Die Green Bridge of Wales ist ein Felsentor, das vom Meer ausgewaschen wurde. Aufs Neue sind wir von der Schönheit der walisischen Küste begeistert.

Freshwater West

Von der Steilküste geht es zurück zum Auto mit Kurs auf den Strand Freshwater West, ganz im Westen des Pembrokeshire Coast National Park. In aller Munde ist dieser, seit der Hauself Dobby (aus Harry Potter) hier sein Leben ließ, ermordet von der bösen Bellatrix Lestrange.

Zu Dobbys Grab kommt man von der Straße durch den Dünengürtel. Wahrscheinlich werdet Ihr ein paar Leute sehen, ansonsten orientiert Euch an einem Steinhaufen am Rand der Düne. Hier liegen viele beschriftete Steine mit liebevollen Nachrichten an Dobby. Früher wurden hier auch Socken abgelegt, das ist aus Umweltgründen inzwischen verboten. (Falls Ihr den Hintergrund nicht kennt, Dobby wurde durch die Übergabe einer Socke an seinen Meister Lucius Malfoy ein freier Hauself.)
Lang lebe Dobby.

St. Davids

Auf dem Weg in die Cardigan Bay stoppen wir in St. Davids. Normalerweise schmücken sich Orte mit Attributen wie größte, schönste, beste…  Ganz anders St. Davids. Mit ca. 1.800 Einwohnern ist sie die kleinste Stadt Großbritanniens, aber immerhin mit der größten Kathedrale von Wales.
Auf dem Marktplatz laufen die wenigen Straßen des Ortes zusammen. Ein Bummel durch St. Davids lohnt sich schon wegen der vielen kleinen Läden und netten Cafés.

#3 Cardigan Bay

Das Städtchen Cardigan liegt an der Südwestküste von Wales. Hier beginnt bzw. endet der 300 km lange Pembrokeshire Coast Path, ein Wanderweg, der größtenteils an der Küste und an über 50 Stränden entlang führt.

Einer dieser tollen Strände ist der Poppit Sands Beach, der an der Mündung des Flusses Teifi, nahe unseres Hotels liegt. Diese endlose Weite ist fantastisch.

Für die Cardigan Bay als dritten Stop haben wir uns vor allem aus einem Grund entschieden. Die Gegend gilt als eine der besten in Wales, um Delfine und Robben zu beobachten. Manchmal zeigen sich sogar Buckelwale. Ein bisschen Glück gehört natürlich dazu.
An einem trüben Vormittag starten wir in St. Dogmals für eine einstündige Bay Explorer-Tour. Mit einem Speedboot fahren wir bis Cardigan Island und halten Ausschau nach Delfinen. Leider zeigen sich heute keine, dafür stecken einige Robben abwechselnd ihre Köpfe aus dem Wasser und Seevögel begleiten unser Boot. Auch ohne Delfinsichtung war es eine abenteuerliche, spritzige und empfehlsenwerte Tour.

Wir hatten die einstündige Bay Explorer-Tour gebucht (30,- £ p.P.). Es gibt auch die 90minütige Extended Bay Explorer-Tour, bei der die Chancen deutlich höher sind, Delfine zu sehen.
Bootstouren starten in der Cardigan Bay z.B. in St. Dogmals, Gwbert, New Quay, Mwnt und Aberporth. Die Abfahrtszeiten ändern sich ständig durch die Gezeiten.

Neben der fantastischen Küstenlandschaft gibt es in Wales unzählige archäologische Orte und Grabstätten. Die bekannteste ist wohl Pentre Ifan, ca. 20 Autominuten von Cardigan entfernt. Sie ist auch die größte und am besten erhaltene Grabkammer (in Wales). Mit fehlt leider immer das Vorstellungsvermögen für die alten Steine und ihre Geschichte, aber die Aussicht ist großartig.
Ein kleiner Ableger befindet sich im hübschen Örtchen Newport Pembs.

#4 Brecon Beacons Nationalpark

Heute verlassen wir die Küste und fahren nach Mittelwales in den Nationalpark Brecon Beacons, einen der drei walisischen Nationalparks. In Brecon schnuppern wir noch ein wenig Stadtluft, bevor wir zu unserem nächsten B&B aufbrechen, das idyllisch mitten im Nichts liegt. Um uns herum sanfte Hügel, überzogen mit bunter Heide oder sattem Grün, gespickt mit weißen Punkten (von unzähligen Schafen, die hier weiden).

Wir wollen wandern und entscheiden uns auf Empfehlung unserer Gastgeber für den 677 m hohen Hay Bluff. Es gibt mehrere Wege, die auf diesen Riesenhügel führen. Wir folgen erst dem Weg, laufen dann aber feldein. Die Schafe grasen – wie immer gemütlich – bis auf einen Schafsbock, der uns ein wenig zu nahe kommt. Wir machen Tempo bis er außer Reichweite ist.
Erstaunlich, wie steil dieser Hügel doch ist. Von unten sieht er wie ein sanfter Hang aus. Nach gut 1,5 Stunden sind wir oben und genießen bei herrlichem Sonnenschein den weiten Ausblick über das Grenzland von Wales und England.

Transparenzerklärung: Alle von mir genannten Orte, Hotel, B&B`s, Restaurants, Aktivitäten etc. haben wir selbst bezahlt. Es sind meine ganz persönlichen Empfehlungen und keine kommerzielle Werbung.

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